Der Spruch „alti Häx vo Binze“ ist in der näheren Region allgemein bekannt. Nach der Binzener Chronik wird die „Häx vo Binze“ erstmals mit der Zerstörung der Burg Rötteln anno 1678 erwähnt. Dichtungen mit einem Tropfen Wahrheit?

Keiner weiß heute zu sagen, ob die „Häx vo Binze“ seinerzeit wirklich durch die Wälder zog, die Rötteln und den Burgherrn verfluchte, das Wild vergiftete, Heil- und Liebestränke braute. Zweifellos steht das Entstehen dieser Sage in Verbindung mit der Zerstörung der Burg vor 300 Jahren; ein Ereignis, das sich die Bevölkerung nicht erklären konnte, erschien doch die Burg als nicht einnehmbar. Es mußten also übernatürliche Kräfte gewirkt haben.

In zwei Formen hat sich die Sage um die „Häx vo Binze“ erhalten. Die eine ein Schauerstück, die zweite, welche ebenfalls dramatische Geschichte um eine Kräuterhexe, die nach dem Tod ihrer Tochter auf Rötteln in dumpfes Hinbrüten verfiel und schließlich den französischen Belagerern bei der Eroberung der Burg verhalf.

Doch zunächst die erste, grausige Version. Sie beginnt damit, daß der Diener Gotthold in äußerster Notwehr dem Lieblingshund des Herrn von Rötteln ein Bein zerschmetterte. Wutentbrannt läßt der hartherzige Burgherr den treuen Diener von der Turmspitze in die grausige Tiefe stürzen.

Dort findet ihn sein Weib, das in seinem Schmerz fruchtbare Rache schwörte. Sie zieht in eine halbverfallene Hütte am sogenannten „Hüttenrain“, am Luckeweg bei Binzen, und es erwächst ihr Ruf als Hexe. Auf versteckten Wildpfaden umkreist sie in Begleitung des Hundes, den sie geheilt hat, die Burg. Diese soll schußfest gewesen sein, denn die Pfeile des wütenden Burgherrn, dem sie das Wild vergiftete, verfehlten sie. Im Dorf Binzen und der Umgebung beschwur sie für empfangene Wohltaten die verschiedensten Krankheiten.

Sie braute Heil- und Liebestränke. Die einzige Freude des grimmigen, verrohten Burgherrn war seine Tochter Hildegard. Er hatte schon mit seinem Freund und Waffengefährten von Hunoldstein aus dem Elsaß das Versprechen ausgetauscht, das ihre Kinder einmal heiraten werden.

Eines Tages kam ein fahrender Sänger auf die Burg. Er gewann das Vertrauen, ja die Freundschaft des Burgherrn und die Liebe der schönen Maid. Es folgten sonnige Tage auf Rötteln, und als der Sänger seiner geliebten Hildegard eines Tages eröffnete, der ihr versprochene Edel aus dem Elsaß zu sein, der in dieser Tarnung nach Rötteln kam, um unbefangen ihre Liebe zu gewinnen, da schien das Maß des Glückes voll zu sein. Die Still dieser glücklichen Stunde wurde jäh unterbrochen von einem wilden Ruf:

„Verfluchender Abenteurer, hast du dich hier eingeschlichen, um mein edles Kind zu beglücken? Fahr hin, du Elender!“ Vom Schwert des Rasenden durchbohrt, fiel der Jüngling. Als Hildegard ihrem Vater wehrend in die Arme greifen wollte, stieß er sie beiseite auf einen spitzen Felsvorsprung. Es war die „Häx vo Binze“ gewesen, die dem verhaßten Burgherrn höhnisch zugerufen hatte: „Geht heim, Herr Ritter, und seht Euer edles Töchterlein in den Armen des fahrenden Sängers.“

Eine blutige Fehde zwischen dem Vater des Ermordeten und seinem ehemaligen Freund, dem vor Schmerz halb wahnsinnigen Röttler, zog herauf. Wochenlang belagerte der Elsässer die Burg, ohne sie zu bezwingen. Schon triumphierten der Burgherr und seine Kämpfer. Doch plötzlich, wie aus dem Boden gestampft, stand der Feind im Innern der Burg.

Die ehemaligen Waffengefährten, die jetzt Todfeinde waren, fanden sich in einem Zweikampf. Er wütete, bis der längst verfluchte Röttler schwer getroffen wurde. Nun trat höhnisch grinsend die „Häx vo Binze“ vor den Sterbenden. Mit übermenschlicher Kraft zog und zerrte sie den verhaßten Burgherrn hinauf zur hohen Mauerzinne und schleuderte ihn mit letztem Fluch in den Abgrund. Die „Häx vo Binze“ hatte den Belagerern den unterirdischen Gang gezeigt, der das Burginnere mit der Umgebung verband.


Die zweite Version der Sage erzählt vom Schicksal der Kräuterhexe von Binzen und ihrer wunderschönen Tochter, die einst ein junger Herr von Rötteln entführt haben soll. Um sich zu rächen, ließ die „Häx vo Binze“ der Tochter heimlich einen Gifttrank für den Frevler zukommen. Aber versehentlich trank das Kind selbst das Gift und starb.

Voll von Rachegedanken verfiel die „Häx vo Binze“ in dumpfes Hinbrüten und erregte durch ihr wildes Äußeres ein Grausen in der ganzen Umgebung. Als die Franzosen die Burgfestung Rötteln erfolglos belagerten, zeigte Ihnen die Alte eine schwach bewährte Burgstelle, die dann auch mit schwersten Geschützen beschossen wurde. Durch die aufgerissene Lücke konnten die Franzosen die Burg einnehmen. Von dieser Stunde an sei, so erzählt die Sage, die „Häx vo Binze“ verschwunden und nie wieder gesehen worden.

Die „Häx vo Binze“ – Clique wurde 1964 gegründet und ist somit die älteste Clique der Narrenzunft Binzemer Thonnerknaben.

Das Motiv entstammt aus dem weit über Binzen bekannte Buch, „Aldi Häx vo Binze“